[Ira] Neulich hatte ich das Glück, bei einer Veranstaltung im Naturhistorischen Museum einen Vortrag des Apollo-9-Astronauten Rusty Schweickart, mittlerweile 84 Jahre, zu hören. Er hat 1969 als Pilot des Mondmoduls zehn Tage lang die Erde umkreist und den ersten Weltraumspaziergang der Apollo-Mission durchgeführt. Draußen ergab sich eine Wartezeit von ein paar Minuten, in der Rusty Zeit hatte, aus über 200 Kilometer Höhe auf die Erde zu schauen. Es war ein metaphysisches Erlebnis, das sein Leben verändert hat.
Earthrise
Der Vortrag und die anschließende Fragerunde waren gespickt mit spannenden Anekdoten aus dem Weltall. Rusty erzählt hat, wie seine Kollegen von Apollo 8 inmitten der unglaublichen Schwärze und Leblosigkeit des Alls und hinter der grauen Farblosigkeit des Mondes die Erde aufgehen gesehen haben. Als strahlend schönen, farbenfrohen Himmelskörper voll Leben. Mir kamen bei seiner wunderschön vorgetragenen Erzählung die Tränen.
Diese Schilderungen die Erde von außen zu sehen haben den Titel des Vortrags geprägt: Welche Bedeutung hatte die Apollo-Mission aus Sicht von Rusty? Für ihn sind nicht so sehr die technischen Errungenschaften oder die geopolitischen Umstände und Folgen die Antwort. Sein metaphysisches Erlebnis mit Blick auf unseren atemberaubend schönen Planeten hat ihn philosophisch werden lassen. Es hat ihm auch viel bedeutendere und größere Zusammenhänge gezeigt: Er verwendet dafür die Metapher der Geburt.
Ins Universum geboren
Als die Apollo-Astronauten die Erde verlassen haben, war die Menschheit reif, ins All aufzubrechen – nach einer langen “Schwangerschaft” und Vorbereitung. Der Flug ins All entspricht dem Verlassen des Geburtskanals, die Erde gebiert ihre Kinder ins Universum hinein. Zum ersten Mal finden sich Mutter und Kind einander dann gegenüber, zum ersten Mal kann eine bewusste, zweiseitige Beziehung stattfinden. In dieser Zeit entstand die Umweltbewegung: Die Menschheit fing an die Erde zu lieben und als schützenswertes, lebendiges Wesen wahrzunehmen. Doch 50 Jahre nach diesen Ereignissen sind wir immer noch ein kleines Kind, das noch viel zu lernen hat.
Erwachsen werden
Rusty erwähnt die Verantwortung, die die Menschheit trägt und die mit dem Erwachsenwerden kommt: Eine Verantwortung einerseits der Erde gegenüber, andererseits aber auch in einem viel größeren Zusammenhang. Er spricht von “Big History“: Geschichte, die nicht mit den Menschen in der Steinzeit beginnt, sondern die Geschichte des Universums umfasst. Vom Urknall an. Darin ist die Erde, soweit uns bisher bekannt ist, der einzige Planet mit Leben und vor allem mit Bewusstheit. Ob sich dieses Leben nun weiter in unserer Sonnensystem verbreiten kann oder sich selbst auf der Erde auslöscht, liegt nun in unserer Verantwortung. Wir müssen nach und nach in sie hineinwachsen und den Mut aufbringen, sie zu leben.
Dieser Blick auf die Einzigartigkeit unserer wunderbaren Erde, ihre Verletzlichkeit und die großen Zusammenhänge geben mir eine besondere Kraft. Zuversicht über die unglaubliche Fülle an Möglichkeiten, die uns gegeben sind, um eine positive Zukunft für alle zu gestalten. Ein Gefühl der Verbundenheit und liebevollen Verantwortung, das ich gerne weitergeben möchte.
Ressourcen
Wenn du mehr wissen möchtest:
- Auf Rusty Schweickarts Website kannst du seine persönliche Botschaft lesen.
- Näheres über die Apollo 9 Mission, ihren Verlauf, ihre Ziele und Errungenschaften
- Die Geschichte des Earthrise-Fotos
- Besuche die spannende Mond-Ausstellung im Naturhistorischen Museum Wien, die noch bis 1. Juni 2020 läuft.