Positiver Wandel braucht Mut

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… oder was hat die Positive Psychologie mit Mut zu tun?

Ein Gastartikel von Gabriele Sauberer und Michael Kurz

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Dieser Artikel ist eine persönliche Reflexion zum Thema Mut aus Sicht der Positiven Psychologie

Was die Welt heute braucht, das sind mutige Menschen, die sich engagieren und die bereit sind Verantwortung zu übernehmen in einer Welt, die vor großen Herausforderungen, noch Unbekanntem und Veränderungen steht. Mut ist eine in allen Kulturen und Epochen bewunderte Tugend, aber was ist Mut und was nicht?

Mut ist ein oft verwendeter Begriff, der häufig synonym mit Tapferkeit verwendet und genauso oft missverstanden wird. Psycholog:innen und Philosoph:innen sind sich weitgehend einig, dass Mut Durchhaltewillen im Angesicht von Gefahr und Herausforderung bedeutet. Mut beinhaltet immer auch die Gefahr des Scheiterns oder einer geringen Aussicht auf Erfolg. Überall gibt es Gelegenheiten Mut zu zeigen. Optimismus, Handlungsbereitschaft,  Authentizität, Ehrlichkeit – all das braucht oft Mut.

Ohne Angst kein Mut

Michael, kannst du dich an eine spezielle Situation erinnern, in der du Mut bewiesen hast?

Ich hatte vor nicht allzu langer Zeit ein persönliches Mut-Erlebnis, eine Mut-Feuerprobe.

Dazu muss ich zuerst in die Vergangenheit gehen: Als Kind habe ich mich einmal an einem Bügeleisen verbrannt. Diese Dinger können bis zu 200 Grad heiß werden, daher warnte man mich davor ein heißes Bügeleisen anzufassen. Also bin ich, clever wie ich war, nur mit dem Gesicht gaaaanz nah rangegangen – und habe mir die Lippe verbrannt. Dadurch habe ich aber etwas für’s Leben gelernt, nämlich nicht mit Feuer zu spielen.

Foto: schotti highland auf Pixabay

Warum sollte daher also gerade ich freiwillig über glühende Kohlen gehen? Am 12.12.2020 bin ich trotz alldem barfuß über ein ca. 700 Grad heißes Glutbett aus Holzkohlestücken gegangen. Die Erfahrung, Angst zu überwinden und etwas scheinbar Unmögliches zu tun, war ein großartiges Gefühl. Warum ich mir dabei nur eine kleine Brandblase geholt und nicht komplett die Füße versengt habe, hat sehr viel mit mentaler Vorbereitung und Positiver Psychologie zu tun. Ich habe, nachdem ich den Entschluss gefasst hatte, nie am Gelingen gezweifelt. Meine Konzentration galt nicht der Angst vor der Glut, nicht meinen Füßen oder den Schritten. Nein, ich habe meine ganze Aufmerksam und Energie auf einen inneren Wunsch, ein höheres Ziel gelenkt. Ich bin für “etwas” gegangen. Etwas, das mir persönlich sehr wichtig ist. Ich war und bin fest davon überzeugt, dass – wenn ich über Feuer gehen kann – ich auch fast jedes Ziel im Leben erreichen kann. Mut ist also auch der Glaube an sich selbst.

Ohne Mut keine Veränderung

Gabriele, du hast beruflich schon sehr viel erreicht, wieso hast du dich jetzt dazu entschlossen, eine Plattform für die Positive Psychologie zu starten?

Weil es an der Zeit ist, die vielen tausenden Menschen zu vernetzen und sichtbar zu machen, die schon Aus- und Weiterbildungen in Positiver Psychologie gemacht haben – bei uns im deutschsprachigen Raum, in Nordamerika und weltweit. Sie alle bringen Mut, Optimismus und positiven Wandel in ihre Familien und Wirkungsbereiche – von Bildung über das Gesundheitswesen und Coaching zu Business, Führung und Medien.

Bild: Gerd Altmann auf Pixabay

Genau diesen Mut brauchen wir gerade jetzt: optimistisch in die Zukunft zu sehen, positiv zu denken und zu handeln. Jammern und nörgeln ist ja viel einfacher, es erfordert keine Aktion, ist passiv und bequem. An das Gute zu glauben und eine positive Zukunft zu gestalten, das verlangt uns viel Mut und Energie ab: Oft werden Optimist:innen ja belächelt oder sogar angefeindet, und sie erreichen ihre positiven Ziele nur mit viel Ausdauer. Etwas aufzubauen ist komplex und langwierig. Etwas zu zerstören ist einfach und geht schnell.

Die Plattform Positive Psychologie soll auch viele Vorurteile und Missverständnisse verändern, die es zu den Themen der Positiven Psychologie gibt: Glück, Optimismus, gelingendes Leben, Erfolg, etc. Wir wollen zeigen, dass individuelles Glück kein Gegensatz zum Wohlergehen von Gemeinschaften ist, sondern im Gegenteil dieses erst ermöglicht: Je mutiger die einzelnen Menschen ihr Glück selbst in die Hand nehmen und Verantwortung für ihr Leben übernehmen, desto mehr tragen sie diese Haltung in ihre Familien und in ihr soziales Leben. Sie übernehmen Verantwortung für eine positive Zukunft aller Menschen und des gesamten Planeten. Das erleben wir gerade mit dem mutigen Engagement junger Menschen für den Klimaschutz. Sie lassen sich nicht beirren, nutzen die Energie ihrer Wut für positive Ziele und zeigen der Welt, dass wir alle etwas tun können für eine gute, gemeinsame Zukunft.

Mut ist eine Charakterstärke

In der Positiven Psychologie zählt Mut zu den Charakterstärken und ist ausschließlich positiv definiert. Es gibt also nicht „zu viel“ oder „zu wenig“ Mut, sondern nur Mut im Sinne von: Ich handle nach meinen Überzeugungen und stelle mich Bedrohungen, Herausforderungen, Schwierigkeiten und Schmerzen, trotz meiner Zweifel und Ängste.

Es gibt drei Arten von Mut, und wir können eine davon oder eine Kombination davon besitzen:

  1. Physischer Mut (z. B. bei Feuerwehrleuten)
  2. Psychologischer Mut (z. B. sich unerwünschten Aspekten seiner selbst zu stellen)
  3. Moralischer Mut (z. B. für das Richtige einzutreten, auch wenn es eine unpopuläre Meinung ist)

Quelle: https://www.viacharacter.org/character-strengths/bravery

Foto: Anastasia Borisova auf Pixabay

Für den Positiven Psychologen Robert Biswas-Diener ist Mut der kürzeste Weg zu einem guten Leben. Er meint, dass Mut sogar ein Synonym für dieses gute Leben ist. Ängste seien völlig normal und auch vernünftig, sie halten uns aber von Aktivitäten ab, die das Leben reicher und lohnender machen. Menschen, die ein intensives, engagiertes Leben führen, sind auch mutiger, weil sie bereit sind, immer wieder etwas Neues zu versuchen und aus der eigenen Komfortzone heraustreten.

Quelle: Robert Biswas-Diener, The Courage Quotient: How Science Can Make You Braver, 2012.

Mut ist ansteckend und wächst durch Mut

Nelson Mandela hat einmal gesagt: Niemand kommt mutig zur Welt. Mit jeder bestandenen Herausforderung wächst der Glaube an sich selbst und die Bereitschaft, neuen und größeren Widerständen zu begegnen. Mut gibt es im Großen wie im Kleinen. Mut beweist sich nicht nur in Zivilcourage, sondern auch im Alltäglichen.

“Nichts ist schwieriger und nichts erfordert mehr Charakter, als sich im offenen Gegensatz zu seiner Zeit zu befinden und laut zu sagen: Nein!”
Kurt Tucholsky

Mutig sind in unserer Gesellschaft auch Personen, die verletzlich sind, Fehler eingestehen und um Hilfe bitten. Denn Mut bedeutet auch Verantwortung für unser Denken, Fühlen und Tun zu übernehmen – auch für unsere Fehler und unser Scheitern. Davonzulaufen ist einfacher als wieder aufzustehen, weiterzumachen, neu zu beginnen und dranzubleiben.

Mut und Ermutigung

“Ermutigung macht den Schwachen stärker, den Kranken gesünder, den Zweifelnden sicherer, den Ängstlichen mutiger.”
Theo Schoenaker

In unserem persönlichen Umfeld begegnen wir immer wieder Menschen, egal ob jung oder alt, die mut-, antriebslos und entmutigt sind. Mit Mut und Selbstvertrauen sind wir nicht Opfer, sondern Gestalter:innen unseres Lebens und können Bedingungen verändern, Hindernisse überwinden und Positives bewirken.

Foto: Keith Johnston auf Pixabay

Ermutigung ist ein Schlüssel dazu. Ermutigung ist eine Haltung gegenüber anderen Menschen und gegenüber sich selbst. Alfred Adler (1870–1936), der Begründer der Individualpsychologie, hat die Bedeutung der Ermutigung zur Entfaltung der Wachstumspotenziale eines Menschen schon früh erkannt und erforscht. Aufgrund vieler Beobachtungen bei der Behandlung von Erwachsenen, Kindern und Jugendlichen kam Adler zu der Überzeugung, dass hinter vielen störenden Verhaltensweisen und psychischen Problemen letztlich mangelnder Mut (= Entmutigung) steht.

Ermutigung meint mehr als Lob, sondern bedeutet Wertschätzung und Zutrauen in das Gegenüber, die Anregung und Unterstützung, eine Aufgabe zu bewältigen oder einen nächsten Entwicklungsschritt zu gehen. Sie zielt darauf ab, mehr Selbstvertrauen zu entwickeln und sich Herausforderungen mit Hoffnung und Zuversicht zu stellen.

Mut und Hoffnung

Mut ist eine Fähigkeit und Kraft, die genährt wird von Zuversicht, Hoffnung und der Aussicht, einen Zustand zu verbessern. Sie wird gebremst von der Angst vor negativen Konsequenzen.Martin Seligman, der vor mehr als 20 Jahren die Positive Psychologie begründet hat, unterscheidet nicht zwischen Hoffnung und Optimismus. Mut und Optimismus gehören untrennbar zusammen.

Mut und Potenzialentfaltung

Mut erwächst aus dem Glauben an unsere Fähigkeiten. Aristoteles glaubte, dass ein Individuum durch mutige Handlungen Mut entwickelt. Das ist mit dem Konzept der Selbstwirksamkeit vereinbar, wonach sich Menschen von erfolgreich bestandenen Mutproben zu weiteren Mutproben befähigt fühlen.

Die Positive Psychologie unterstützt Menschen dabei, ihre persönlichen Stärken, verborgenen Fähigkeiten und Ressourcen zu entdecken und zur Entfaltung zu bringen, um so ein volleres, gelingendes Leben zu führen.
Es braucht Mut um glücklich zu sein.

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Beitragsbild: Jo Leonhardt auf Unsplash

 

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