Ein Blick in die Taschenproduktion bei Vinzirast, eine von Wiens Initiativen für ein gutes Leben für alle

Wiens Initiativen für ein “Gutes Leben für alle”

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Am Kongress Gutes Leben für alle wurde von 9. – 11. Februar viel philosophiert, diskutiert und geworkshopped darüber, wie ein gutes Leben für alle realisiert werden kann. Ressourcenwende, Stadt der Zukunft, Zeitwohlstand – alle möglichen Themen waren vertreten. Weil es aber für den Wandel auch Taten braucht, entführte die Mutmacherei rund 100 Teilnehmende in den Taten-Dschungel Wiens: Im Rahmen von sechs Exkursionen haben insgesamt 18 Initiativen gezeigt, wie sie sich bereits mit ganz konkreten Taten für ein gutes Leben für alle einsetzen.

Doch diese Exkursionen waren keine reine Schaustellung, nein, vielmehr haben sowohl die Projekte als auch die Teilnehmenden aktiv am Wandel gearbeitet: Im “Wünsch dir was” gab es Raum für die Wünsche und Bedürfnisse der Projekte. Daraufhin stellten die Teilnehmenden den Projekten Tipps, Kontakte, Ressourcen und Ideen zur Verfügung.

Hürden durch Vorschriften

Das Ergebnis: Die Wünsche der Initiativen und Projekte sind vielfältig, umfassend und oft sehr konkret. Alle Projekte waren sich einig, dass es nicht am Willen scheitert. Vielmehr besteht die Notwendigkeit von mehr Raum zum Handeln. Denn die Grenzen für den Wandel sind die Regelungen und Vorschriften, die noch nicht an die neuen Erfordernisse angepasst sind.

Der Wohnwagon entwickelt erstklassige Kompost-Toiletten, die sind jedoch behördlich nicht gut geheißen – es müssen WCs mit Wasserspülung sein. Die Projekte bewegen sich also oft in einem gesetzlichen Graubereich und sind ständig auf der Suche nach Lösungen. Das erfordert Zeit und Ressourcen, die ohnehin knapp sind. Ein gemeinsamer Wunsch lautet: mehr Kontakt und Vernetzung mit anderen Initiativen, die vor ähnlichen  Herausforderungen stehen. Welche Erfahrungen haben sie gesammelt, wie haben sie diese Hürden überwunden?

Die Teilnehmer*innen in der gemütlcihen Bibliothek von magdas Hotel.
Die gemütliche Bibliothek in magdas Hotel

Konkret wünschen sich zum Beispiel magdas Hotel und VinziRast vom Staat verkürzte Asylverfahren. Auch mehr Unterstützung der Geflüchteten durch psychologische Betreuung und Sprachkurse ist gefragt. Unternehmen hingegen sollen das große Potenzial vieler Flüchtlinge erkennen. Sie könnten auch beim Hemmnis Umzug in ein anderes Bundesland helfen.

Hut & Stiel wünschen sich mehr Progressivität der Stadt Wien bei der Vergabe von Leerstand – denn für Initiativen der Transformation ist leistbarer Raum oft knapp.

Die Wünsche der Initiativen

Das R.U.S.Z. fordert einen Paradigmenwechsel bei Produzenten hin zu langlebigeren Produkten. Zusätzlich braucht es einen Imagewandel zugunsten Reuse, Reduce und Recycle. Zu diesem Aspekt des guten Lebens für alle tragen Foodsharing im Bereich der Nahrungsmittel und Zero Waste im Bereich Verpackungsfreiheit bei.  Der Greißler wünscht sich industrielle Produktion in der Region: z.B. verpackungsfreie Nudeln in größeren Mengen. Ähnliches gilt für die Reinigungsmittel von füllbar.

Sitzecke, Getränkeautomat beim "Greißler"
Beim Greißler

Sowohl ponganic als auch Insektenessen.at wünschen sich weniger Regelungen für Transformations-Startups, zum Beispiel in Bezug auf Foodtrucks. Ein Foodtruck hat keine fixe Adresse. Das ist für die Behörden ein großes no-go.

Für andere Projekte ist wiederum der Schritt der Zuordnung in der Gewerbeordnung oder zu einer der Kammern eine Hürde: Ist eine vertikale Pilzzucht in einem Wiener Keller ein gewerblicher oder ein landwirtschaftlicher Betrieb? Ein Wunsch der Projekte dazu: Die Behörden sollten mehr Mut und Offenheit zeigen. Sie sollten ihren Ermessensspielraum zur Unterstützung neuer Ideen nutzen. Das wäre hilfreicher als das Motto “kenn ma ned, gibt’s ned”.

Leila wiederum regt spezielle Versicherungsangebote für neue Nutzungsverhältnisse wie Leihe an. Das Projekt Bank für Gemeinwohl fordert eine Änderung des Genossenschaftsrecht im Bezug auf die Nachschusspflicht für Genossenschafter*innen. Auch mehr Rechtssicherheit für Beschäftigungsgenossenschaften wie z.B. die Otelo eGen steht auf der Wunschliste. Eine Finanzierungsschiene für solidarökonomische Initiativen wurde ebenfalls vorgeschlagen.

Zivilgesellschaft und Öffentlichkeit

Oft gefallen – und besonders bei Vinzirast – ist der Wunsch nach einer Aufwertung des Ehrenamts. Dazu braucht es auch andere Formen der Bezahlung. Die gesetzliche Verankerung von Tauschhandel (wie z.B. Arbeit gegen Essen) wäre hierfür sehr hilfreich. Von der Zivilgesellschaft wünschen sich einige Projekte mehr Kontinuität des Engagements. Außerdem soll ich jede*r die persönlichen Stärken und Ressourcen bewusst machen – denn jede*r von uns kan viel Wertvolles beitragen.

Das Innovation Lab der Angewandten AIL und space and place wünschen sich mehr öffentlich zugängliche Räume für die Stadt der Zukunft. Dort ist Entfaltung, Vernetzung und Integration möglich. Der Wunsch lautet: eine “celebration of public space”.

Lost in translation

Für die Bewegung der sozial-ökologischen Transformation und den Kongress äußerten mehrere Projekte den Bedarf von Übersetzungsarbeit:  So soll der Wandel auch sprachliche und Bildungsbarrieren überwinden können. Er soll zugänglicher werden und zu mehr Inklusion am Weg zum guten Leben für alle führen.

Doch wer soll all diese Ideen zur Umsetzung bringen? Die Zuständigkeit für Innovation und Transformation sollte auch auf staatlicher Ebene verankert werden. Zusätzlich könnte eine Art Lobbyorganisation die Bedürfnisse all dieser Initiativen sammeln und auf die politische Tagesordnung bringen.

Allen besuchten Initiativen gemein ist der Wunsch nach Aufmerksamkeit. Denn traditionelle Werbung ist für junge Social Businesses wie z.B. Shades Tours teuer. Daher setzen alle auf Mundpropaganda und Teilen in den sozialen Medien. Auch Vernetzung durch Weggefährt*innen und Interessierte ist beliebt. FragNebenan bringt Vernetzung durch soziale Medien in der eigenen Nachbarschaft. Denn manchmal hilft die digitale Welt, um aus der Anonymität der Stadt in den direkten persönlichen Kontakt zu kommen. Dann können Hilfsbereitschaft, Gemeinschaft und Inklusion leichter entstehen.

drei Initiativen am Podium bei Vinzirast
Perrine (Shades Tours, Christian (Vinzirast mittendrin), Walter (Foodsharing)

In der nächsten Zeit werden wir näher auf die Bedürfnisse und Rahmenbedingungen der einzelnen Projekte eingehen. Vielleicht ist ja etwas dabei, wo du dich einbringen kannst! . Weitere mutmachende und inspirierende Projekte in Wien und auf der ganzen Welt kannst du in unserem Mut-Map entdecken. Auf unserer Facebook-Seite halten wir dich täglich am Laufenden – auch über weitere Ausflüge in den faszinierenden Initiativen-Dschungel!

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